Mit Sophia von Twickel (1720-1781), geb. Ledebur, zog so etwas wie der Hauch einer Dame von Welt in Haus Havixbeck ein, die nicht nur persönlich durch ihre äußere mehr oder weniger imponierende Erscheinung und die überlegene Art ihrer Menschenbehandlung ihre Umwelt in ihrem Sinne zu beeinflussen vermochte, sondern die auch als recht gebildete und belesene Frau über ein beachtliches Allgemeinwissen verfügte. Auch führte sie eine ausgedehnte Korrespondenz, in der neben dem befreundeten Feldmarschall Herzog von Braunschweig und dessen militärischen Gegenspielern, den französischen Marschällen Soubise und Condé, hohe und höchste geistliche Herren wie die Kölner Erzbischöfe und Kurfürsten Clemens August von Bayern und Maximilian Friedrich Graf Königsegg-Rothenfels sowie der Paderborner Fürstbischof Friedrich Wilhelm von Westphalen und die Fürstbischöfe von Lüttich und anderen Bistümern ebenso erscheinen wie einflussreiche Würdenträger am Kaiserhof in Wien und viele andere Personen aus adligen und auch nicht adligen Kreisen. So ist zum Beispiel ihre Korrespondenz mit einer führenden Modeschöpferin Westeuropas, der Madame Bossy gt. Béanin in Lüttisch und anderen Damen dieses Gewerbes erhalten. So fasst Landesarchivar Dr. Max Freiherr von Twickel am 20.01.1973 in einem Festvortrag das Bild dieser Sophia von Twickel zusammen.
Doch wer war bzw. woher kam diese Frau und wer war ihr Gatte? Clemens (I.) August Freiherr von Twickel (1721-1792) - den Namen erhielt er von seinem Paten, dem damaligen Landesherrn, Clemens August von Bayern - wurde 1746 Domherr mit Sitz- und Stimmrecht, 1748 übernahm er von seinem Vater Johann Rudolf Benedikt das Drostenamt Rheine-Bevergern, 1749 verlobte er sich mit Sophie Freiin von Ledebur (1721-1781) auf ihrem elterlichen Sitz Perutz in Böhmen. Seine Braut hatte er wohl in Westfalen kennengelernt, als sie im Damenstift Asbeck lebte. 1750 haben die beiden geheiratet. - Im Ehevertrag hat sie sich ausbedungen, wann immer sie wolle, nach ihrem „Vatterland“ reisen zu dürfen. Dieses Versprechen hat sie aber nie in Anspruch genommen.
Aus der Ehe gingen in den 1750er Jahren sechs Kinder hervor. Während sich Clemens um die Landesverwaltung als münsterscher Amtsdroste in Rheine-Bevergern kümmerte und im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) seinen Beitrag zur Landesverteidigung leisten musste, kümmerte sich seine Gattin Sophia als Hausfrau und Gutsherrin um den Zustand des Hauses Havixbeck, das sie beide mit der Hochzeit ziemlich heruntergekommen und in materiell-finanziell schlechter Lage übernommen hatten. Während des Siebenjährigen Krieges stellte sie sich bei der dienstlichen Abwesenheit ihres Mannes mit bemerkenswerter Tatkraft den kriegführenden Parteien und ihren Befehlshabern entgegen. Durch geschickte Verhandlungen konnte sie sowohl von der braunschweigischen-preußischen Partei als auch von den Franzosen Schutzbriefe erreichen. Es war für ein „kleine Baronin“ im Münsterland sicherlich nicht einfach, mit den französischen Marschällen Soubise und Condé sowie dem Herzog Ferdinand von Braunschweig als Heerführer der preußisch-hannoverschen Partei Verhandlungen zu führen und sie sogar im Haus Havixbeck empfangen zu können. Den Feldmarschall Ferdinand von Braunschweig hatte sie hatte sie sogar 1759 als Paten für ihre Tochter Ferdinandine gewinnen können. Durch ihren Einsatz hatte sie so Haus und Kirchspiel Havixbeck vor dem Schlimmsten bewahren können. So verwundert die Feststellung von Pfarrer Caesar nicht, als er zwischen 1839 die Pfarrchronik verfasste: In dieser Zeit fällt der Siebenjährige Krieg, worüber ich aber keine Nachrichten habe finden können. Militär muss im Dorfe wenig gewesen sein. … An diese tatkräftige Frau Sophia von Twickel erinnert heute noch die im Volksmund sogenannte „Sophienburg“, ein kleines "Lusthäuschen" und in späteren Jahren als Forsthaus genutzter Sommersitz, den Clemens seiner Frau am Waldrand der Baumberge mit freien Blick in die Weite des Münsterlandes bis zum Teutoburger Wald im Jahr 1768 schenkte, wovon die Türinschrift bis heute Zeugnis gibt: SOPHIA HONORI CLEMENS CONIVX HAS PARABAT AEDES
Es gibt noch mehr Blickpunkte zu entdecken!
Text und Bild: Friedhelm Brockhausen, Heimatverein Havixbeck